Artikel aus Rheinzeiger - ausgabe 37

Die Mär vom einzig wahren Korken

Die Mär vom einzig wahren Korken

 

Wie gut ist der Schraubverschluss?

 

Eigentlich sind sie längst vorbei, die Zeiten, in denen der Schraubverschluss als zweite Wahl, als billige Alternative und weniger hochwertig angesehen wurde. Trotzdem werde ich nach wie vor gefragt, ob der Verschluss der Flasche etwas über die Qualität des Weins verrät. Darauf gibt es meiner Meinung nach nur eine richtige Antwort: Nein. Aber über die Romantik.

 

Schraubverschluss und Korken haben zwei verschiedene Jobs. Beide sollen den Wein vor Sauerstoff schützen, jedoch machen sie dies auf unter-schiedliche Arten. Während der klassische Korken dem Wein Raum zum Atmen gibt, schließt der Schraubverschluss die Flasche wirklich ab und versiegelt die Flasche praktisch.

 

Korken geben Raum

Der klassische Naturkorken macht es dem Wein – ähnlich wie seine synthe-tischen Zwillinge – möglich, sich weiterzuentwickeln. Der Sauerstoff, der durch ihn die Möglichkeit hat, in ganz geringer Konzentration in die Flasche zu strömen und auf den Wein zu treffen, hat Einfluss auf Bouquet, Farbe und Geschmack. Wir spielen damit, lagern den Wein eine bestimmte Zeit, probieren ihn nach einigen Monaten, Jahren, vielleicht sogar Jahrzehnten und erleben eine unglaubliche Entwicklung. Eine Reifung. Das können wir nutzen, damit arbeiten und so – nicht nur bei Rotweinen – immer wieder spannende neue Entdeckungen machen.

 

Schraubverschlüsse halten das Niveau

Diese Entwicklung ist aber nicht immer von Vorteil: Es kann auch passieren, dass der Zenit überschritten wird und der Wein an Qualität verliert. Diesen Moment kann man mit einem Schraubverschluss nahezu ausschließen. Er hält den Wein länger „jugendlich”. Außerdem hat der Schraubverschluss einen weiteren Vorteil: Seine Herstellung ist weitaus nachhaltiger und ressourcenschonender als ein Naturkorken.

 

Fazit: Manchmal kommt es auf die Magie an

Korken oder Schraubverschluss, die Entscheidung ist nicht leicht. Warum ich dennoch gerade bei reiferen Weinen einen Korken bevorzuge, liegt vor allem an der Magie des Augenblicks. So wie das Auspacken eines Tiffany-Schmuckstücks schon der halbe Genuss ist, so entsteht auch beim Entkorken ein wenig Zauber. Und ein wenig Romantik. Der Griff zum Kellnermesser – wenn nicht gar zur Portweinzange. Der geübte Schnitt der Schutzfolie. Der perfekte Winkel. Das Ziehen mit entspannten(!) Gesichtszügen. Und schließlich das Reichen am Korken. All das geht beim Schraubverschluss verloren. Und ganz ehrlich: Wein ist mehr als nur trinken. Es ist Genuss, in jeder Form.

 

André Macionga

https://andremaciongacuvee.com

 

 

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