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Gründerzentren: Aufgaben - Rolle - Status

Gründerzentren haben große Bedeutung für Startups
Gründerzentren haben große Bedeutung für Startups

Vermietung von Räumen – eine Aufgabe ganz nebenbei?

 

Gründerzentren: Aufgaben – Rolle – Status 

 

Ja, es ist eine Aufgabe - ganz nebenbei. Aber auch dies gehört zu unseren Themen, auch dies ist Aufgabe in Gründerzentren. Wir wollen es hier etwas genauer betrachten. Das Gründermagazin RheinZeiger schreibt über Existenzgründung und Entrepreneurship. Wir sind im Gespräch mit Gründern, mit der Politik, mit Wirtschaftsförderern und mit den Gründerzentren. Die wiederum sind zum großen Teil im „Bundesverband der Innovations-, Technologie- und Gründerzentren (BVIZ) miteinander verbunden. Gründerzentren gibt es in Deutschland seit etwa Mitte der 1980er Jahre. Heute gibt es in Deutschland über 400 Zentren. Leider ist deren Mission oftmals zu wenig bekannt. 

 

Wer eine „Definition“ von Innovations-, Technologe- und Gründerzentren (ITGZ) sucht, wird außer beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, bei Wikipedia, in jährlichen Startup-Monitoren oder auch beim BVIZ fündig. Aus dem Namen lässt sich ableiten, dass sie etwas mit Existenzgründern zu tun haben könnten. Manchmal liest man etwas über eine „Standortgemeinschaft junger (Technologie-) Unternehmen“. Das deutet vielleicht auf Innovation hin. Standortgemeinschaften von Unternehmen gibt aber viele, zum Teil sehr unterschiedliche, die aber nicht unbedingt eine Besonderheit aufweisen. Einige Ausführungen dazu finden sich auch in diesem Online-Portal des RheinZeigers. Aus all diesen Darstellungen lässt sich grundsätzlich ganz brauchbar ableiten, was man sich unter Gründerzentren vorstellen muss. Dennoch wird immer wieder darüber diskutiert, und es bleibt am Ende die Frage, wie denn nun Gründerzentren konkret arbeiten. 

 

Industriegebiet - Ansiedlung diverser Unternehmen
Ansiedlung diverser Unternehmen in einem Gewerbegebiet

Status Quo 

 

In Deutschland gibt es über 400 Gründerzentren. Über Sinn und Zweck dieser ITGZ wird viel diskutiert. Manch einer hält sie für sinnvoll und nützlich, weil sie beispielsweise die Wirtschaftsförderung unterstützen. Andere sehen sie skeptisch und bezeichnen sie zuweilen sogar als „Möchtegern-Gewerbezentren“. Richtig ist in jedem Fall, dass hier neu gegründete Unternehmen an der kommerziellen Verwertung von Produkten arbeiten, diese in manchen Fällen jedoch noch zur Marktreife entwickeln müssen. Diese Startups haben das Gründerzentrum als ersten Standort gewählt, und das nicht ohne Grund. 

 

Stellen Sie sich vor, Sie werden zum Geschäftsführer eines ITGZ bestellt. Da stehen Ihnen zahlreiche Startups erwartungsvoll gegenüber. Was jetzt? 

 

Es war einmal vor vielen Jahren, als die Stiftung Warentest eine Untersuchung der allgemeinen Gründerberatungsqualität in ITGZ durchführte. Untersucht wurden neben den ITGZ auch Unternehmensberatungen (die sich vor allem als Gründerberater bezeichneten) und die Industrie- und Handelskammern. Das Ergebnis der Untersuchung war für die meisten untersuchten Institutionen eher vernichtend. Andererseits wurde durch die Untersuchung klar, wie komplex eine solche Fragestellung ist. Es zeigte sich, dass Gründerberatung nicht einfach ein Gespräch von 15 Minuten ist und schon gar nicht mal eben nebenbei geleistet werden kann. In der Expertenrunde bei der Stiftung wurde viel, auch kontrovers, darüber diskutiert, was denn Gründerberatung ausmacht und wie sich deren Qualität messen lässt. Überspitzt formuliert: Staubsauger in ihrer Qualität zu untersuchen und zu bewerten, kann man irgendwie vorstellen. Aber Existenzgründerberatung?

 

Wie dem auch sei, heute sieht dies sehr viel anders aus. Es ist schon beachtlich, welche Entwicklung dieses Thema in den letzten Jahren genommen hat. Hinzu kommt, dass es beim BVIZ schon seit vielen Jahren das begehrte Prädikat “Anerkanntes Innovationszentrum” gibt. Der BVIZ hat hier ein einheitlich anwendbares Prüfverfahren zur Evaluierung von Innovationszentren entwickelt. Die Zertifizierung muss regelmäßig wiederholt werden. 

 

Startups suchen Antworten 

 

Gründer*innen haben Fragen, und sie suchen Antworten. „Gründer*innen“ ist hier nicht definiert nach Art des zu gründenden Unternehmens, nach Branche oder gar Technologie, sondern es ist einfach die Bezeichnung für eine Person oder ein Team, die/das ein Unternehmen gründen möchte. Diese Personen suchen eine qualifizierte Beratung, vertraulich und möglichst preiswert, besser noch kostenfrei. Es geht um Strategien und Geschäftsmodelle, um Führung und Networking, um Persönlichkeit und andere Unterstützung. Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen der Gründerpersonen sind beispielsweise diese:

 

Bedürfnisse und Erwartungen von Startups
Bedürfnisse und Erwartungen von Startups

Vermietung ist also tatsächlich auch Thema, aber nur am Rande. Vor der Suche von Räumlichkeiten stehen zunächst einmal zahlreiche andere Fragen. Räume zu finden ist da für Startups das eindeutig kleinere Problem: Das Angebot hier ist groß und dazu braucht ein Startup nicht unbedingt ein Gründerzentrum. Und Vermietung ist im Falle von ITGZ eine eher kleinteilige Vermietung, die durch Fluktuation, aufwendiges Vertragsmanagement, mehr oder weniger regelmäßig erforderliche  Vertragsanpassungen. Im Falle von  Biotechnik-Unternehmen kommt der Bedarf an spezieller Laborinfrastruktur noch hinzu. 

 

Betrachtet man nun also die Definitionen von Gründerzentren so fällt auf, dass immer auch davon geredet wird, über die Startups Innovationen in den Markt zu bringen. Das aber bedeutet, dass diese Zentren an der technologischen Weiterentwicklung, an der Gestaltung der Zukunft mitwirken. Damit kommen diesen Zentren noch einige weitere Funktionen zu: 

 

Weitere Aufgaben von ITGZ im kommunalen Wirtschaftsgefüge
Weitere Aufgaben von ITGZ im kommunalen Wirtschaftsgefüge

Zusammenwirken im

 

Gründerökosystem 

 

Die ITGZ haben damit eine doch halbwegs klar beschriebene und durchaus hochkarätige Aufgaben-stellung. Und dieses „sich um Startups kümmern“ im wahrsten Sinne des Wortes ist die eigentliche Aufgabe, die sich zudem  fast plötzlich als Fulltimejob darstellt. Außerdem braucht es neben einer qualifizierten Zentrumsleitung gut organisierte und funktionierende „Gründerökosysteme“ - das Networking steht im Mittelpunkt. Ein qualifiziertes Miteinander der Institutionen im Gründerökosystem ist durchaus nicht selbstverständlich; es erfordert einen Kümmerer, beispielsweise eine Startup Unit. 

 

Jetzt fehlt eine nähere Betrachtung der Startup-Ökosysteme. Vielfach kümmern sich verschiedene regionale Einrichtungen um Gründungen und junge Unternehmen. Derartige, gut funktionierende „Gründerökosysteme“ sind für Startups überaus hilfreich. Ein qualifiziertes Miteinander dieser Institutionen im Gründerökosystem ist aber nicht selbstverständlich; es erfordert einen Kümmerer. Den gibt es in verschiedenen Regionen oder Städten unter der Bezeichnung Startup Unit. 

 

Elemente und deren Zusammenwirken im Startup-Ökosytem
Elemente und deren Zusammenwirken im Startup-Ökosytem (Quelle: RKW Kompetenzzentrum, RheinZeiger)

Die Entwicklung eines regionalen Ökosystems erfordert viel Engagement und Kreativität der beteiligten Akteure. Eine ausführliche Beschreibung würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, aber dazu gibt es im Portal unter BVIZ/Startup-Ökosysteme ausführliche Beschreibungen.

 

Im übrigen hat das RKW Kompetenzzentrum ein Buch herausgegeben über Aufbau und Funktionen von Gründerökosystemen. Das Buch des RKW Kompetenzzentrums ist mehr als ein nützliches Hilfsmittel. Es kann unter www.rkw-kompetenzzentrum.de bestellt werden (kostenlos).  

 

 

Miteinander im Inkubator 

 

Bei den ITGZ zeigt sich noch ein spezieller Aspekt, der sie klar von Gewerbegebieten oder „Möchtegern-Gewerbezentren“ unterscheidet. Gewerbegebiete sind eher eine Ansammlung von teils sehr unterschiedlichen Unternehmen, die nicht unbedingt untereinander in Beziehung stehen und deren Portfolio sich auch nicht unbedingt ergänzt. In Gründerzentren hingegen sitzen viele junge Unternehmen Tür an Tür. Sie vereint, dass alle neu gegründete Unternehmen sind, die mit ähnlichen Startschwierigkeiten zu kämpfen haben. 

 

Cover des Buches über den Aufbau von Gründerökosystemen
Cover des Buches über den Aufbau von Gründerökosystemen

Herausragend bei Gründerzentren ist zudem, dass hier die Insolvenzquote (innerhalb der ersten fünf Jahre) unglaublich niedrig liegt, häufig unter 5 %. Hier zeigt sich, dass ein fast familiäres „gemeinsam sind wir stark“ ebenso hilfreich ist wie die unmittelbare Unterstützung durch die Zentrumsleitung. 

 

Definition und Abgrenzung 

 

Ein Innovations-, Technologie- und Gründerzentrum wird wie oben beschrieben charakterisiert als eine „Standortgemeinschaft“ junger, zumeist neu gegründeter (Technologie-) Unternehmen. Man spricht oft von Technologie-orientierten Unternehmen (TOU). Diese TOU befassen sich mit der Entwicklung, Produktion und Vermarktung technologisch neuer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen. Die Qualität der Ideen bzw. Produkte dieser TOU wird häufig am Innovationsgrad gemessen. Diese Startups, also die neu gegründeten TOU, suchen (und finden) in den ITGZ neben den zahlreichen anderen Startups vor allem auch diverse Infrastruktur- und Gemeinschaftseinrichtungen sowie Beratungsdienstleistungen. Bei Gründerzentren spricht man häufig auch von Inkubatoren. Dieser Begriff trifft die Funktion der Zentren eigentlich relativ genau. 

 

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz formuliert zu Gründerzentren dieses: ITGZ bieten Gründerinnen, Gründern sowie jungen und technologieorientierten Unternehmen vielseitige Hilfestellung an. Dazu gehören eine organisatorische und technische Infrastruktur (zum Beispiel für Verwaltung und Büro), Dienstleistungen rund um das Unternehmen (zum Beispiel Sekretariatsservice), Finanzierungshilfen (günstige Mieten) und Management-Beratung. Innovations-, Technologie- und Gründungszentren werden in der Regel von den kommunalen Wirtschaftsförderungen und/oder Hochschulen eingerichtet. 

 

Mission des BVIZ 

 

Der BVIZ fördert nachhaltig Innovationen, Unternehmensgründungen und -entwicklungen und stellt diese in Öffentlichkeit und Politik angemessen dar. Gemäß seiner Mission trägt er dazu bei, dass Deutschland gerade auch in Anbetracht der demographischen Entwicklung des Landes in Zukunft ein Hochtechnologieland mit innovativen Produkten und Unternehmen bleibt. Um seine Mission zu erfüllen unterhält der BVIZ auch eine Reihe von Arbeitsgruppen, die sich mit verschiedenen Themen befassen. Dazu gehören auch die AGn Zentrumsbetrieb, Rechtsfragen, BioParks und Green Economy. Darüber hinaus gibt es im Verband ein reges Miteinander zum Erfahrungsaustausch. 

 

Abgrenzung ITGZ ./. Gewerbegebiet 

 

In der Bundesrepublik Deutschland (BRD) gibt es zahlreiche weitere unternehmerische Standortgemeinschaften, die von den ITGZ nicht immer vollständig trennscharf abzugrenzen sind. Es bestehen zwischen einigen eher fließende Übergänge. Es handelt sich dabei um Gewerbe- und Industrieparks, Gewerbegebiete, Wissenschafts- und Forschungsparks. Die Abgrenzung zwischen ITGZ und Gewerbe- und Industrieparks erfolgt ggf. über die Technologieorientierung, die bei den ITGZ zumeist wesentlich stärker vorhanden ist. Gewerbe- und Industrieparks sind schon sehr viel länger existent als ITGZ. Hier handelt es sich zudem um räumlich konzentrierte Ansiedlungen vieler Unternehmen, die nicht zwangsläufig untereinander in Beziehung stehen oder die in irgendeiner Weise kooperieren. 

 

Die verschiedenen ITGZ lassen sich noch ein wenig konkreter beschreiben: Technologiezentren beheimaten Unternehmen, die Hochtechnologie entwickeln und kommerziell verwerten möchten. Sie verfügen dabei auch über Produktion und Vertrieb. In Innovationszentren siedeln sich neu gegründete Unternehmen an, die sich auf neuartige technologische Produkte spezialisieren, diese entwickeln und auch vermarkten. Im Zusammenhang suchen diese Unternehmen häufig die Kooperation mit Forschungs-, Beratungs- und Finanzierungsinstitutionen im Umfeld. Gründerzentren sind vielleicht eine Mischform, in jedem Fall aber ein Zentrum, in dem sich neue gegründete oder neu zu gründende Unternehmen ansiedeln, ganz unabhängig von ihrer Mission oder ihrem Unternehmensgegenstand. 

 

Startups zeigen Wirkungen
Startups zeigen Wirkungen

ITGZ als Elemente der

 

Wirtschaftsförderung 

 

In den meisten Fällen sind die Kommunen im Gesellschafterkreis der Gründerzentren vertreten. Vielfach stellen die Zentren so etwas wie eine Tochtergesellschaft oder „Abteilung“ der kommunalen Wirtschaftsförderung statt. Dies ist nicht verwunderlich, denn die Kommunen haben ein großes Interesse daran, neue und zukunftsorientierte Unternehmen anzusiedeln. Diese neuen Unternehmen zeigen Wirkungen.

 

Bei vielen Gründerzentren sind auch Unternehmen im Gesellschafterkreis zu finden. Dies hat für die Unternehmen den Vorteil, dass sie hier kreative Kooperationspartner finden können oder auch Startups, die ihnen innovative Technologien liefern. Auch Banken beteiligen sich immer wieder an solchen ITGZ, hoffen sie doch, dass sie hier neue, heranwachsende Kunden finden. 

 

Tatsächlich sind ITGZ wie beschrieben Elemente der Wirtschaftsförderung. Die Suche nach Innovationen, der Aufbau zukunftsorientierter Unternehmen und die Schaffung ebensolcher Arbeitsplätze sind für die auch im Wettbewerb stehenden Kommunen von großer Bedeutung. Damit ist es oberstes Gebot, den Erfolg von ITGZ höher zu bewerten als deren Gewinnerzielung. Folglich sind ITGZ nicht zuvorderst gewinnorientiert. Gemessen werden sie am erzielten Impact gemessen, nicht an ihren Einnahmen oder Gewinnen. Also steht nicht das wirtschaftliche Interesse an den Startups im Mittelpunkt, sondern in erster Linie um deren Unterstützung, damit die Unternehmen erfolgreich sind und wachsen. Hier braucht es schon mal Geduld; die Investition in Zukunftstechnologien zahlt sich häufig erst mittelfristig aus. Aber sie zahlt sich aus. Abgesehen davon dient die Förderung von Innovationen auch dem kommunalen Marketing.

 

Ideale Rahmenbedingungen für die Arbeit von ITGZ
Ideale Rahmenbedingungen für die Arbeit von ITGZ

Dann wird auch die Rolle der Startup-Ökosysteme klar: ITGZ müssen sich möglichst zum Magneten für Kreative Köpfe, innovative Entrepreneure und Menschen mit visionären Ideen entwickeln. Und dazu braucht es eben auch ideale Rahmenbedingungen.  

 

Und so dynamisch die Startup-Szene sich darstellt, so flexibel muss auch der Umgang mit Ideen und Risiken sein. Hier ist wichtig, eine geeignete Fehlerkultur zu etablieren, gleichwohl mit Realitätsbezug, sowie eine Startup-orientierte Gestaltung von Beteiligungen und Exits. Eine gut funktionierende und erfolgreiche Startup-Szene entwickelt sich nicht unbedingt von allein, schon gar nicht mit künstlichen Methoden. Hier müssen schlicht die Rahmenbedingungen stimmen.