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Erfolgsfaktoren der Nachfolge - Studie in NRW

Die Erfolgsfaktoren der Nachfolge (Bild: RheinZeiger)
Die Erfolgsfaktoren der Nachfolge (Bild: RheinZeiger)

Selbstständigkeit durch Firmenübernahme – Pilotstudie in NRW 

 

Erfolgsfaktoren der Nachfolge 

 

Die Übergabe eines Unternehmens ist mit vielen Herausforderungen verbunden. Dafür sind zwei Perspektiven zu betrachten und zusammenzuführen. Damit ein Unternehmen für Nachfolgende attraktiv ist, werden auf der einen Seite die Ertragslage, Übergabereife des Unternehmens oder auch Kompetenzen der Belegschaft bewertet. Auf der anderen Seite stehen die Übernehmenden, die wiederum die passenden Kompetenzen aufweisen müssen, um den organisatorischen oder technischen Herausforderungen im Unternehmen begegnen zu können. Erst eine entsprechende Passung bildet die Basis, damit von einer erfolgreichen Nachfolge gesprochen werden kann. 

 

Ausgangspunkt, Zielsetzung und Datenbasis 

 

Mit dem jährlich erscheinenden Nachfolgemonitor wird in Kooperation vom Verband Deutscher Bürgschaftsbanken e.V. (VDB), der Creditreform Rating AG und dem KCE KompetenzCentrum für Entrepreneurship & Mittelstand der FOM Hochschule für Oekonomie & Management eine der deutschlandweit größten Untersuchungen des Nachfolgegeschehens herausgegeben. 

 

Der Nachfolgemonitor kombiniert die beiden Perspektiven des Unternehmens und der Nachfolgenden mittels quantitativer und qualitativer Daten: Finanzzahlen aus den realisierten Transaktionen plus Befragungen der Übernehmenden zu dem Prozess und den Herausforderungen der Übernahme. 

 

Zur Vorbereitung einer bundesweiten Befragung wurde mit Übernehmenden aus Nordrhein-Westfalen ein Pilotprojekt durchgeführt, das bereits interessante Erkenntnisse liefert. Neben allgemeinen Fragen zum Unternehmen fokussierte die Studie vor allem die Themen Übernahmemotivation und Übergabereife sowie Kompetenzen, die die Übernehmenden als essenziell für eine erfolgreiche Nachfolge einstuften. 

 

Erfahrungsberichte der Nachfolger

 

Im Pilotprojekt wurden 769 Übernehmende kontaktiert, die in Begleitung der Bürgschaftsbank Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2013-2019 eine Nachfolge angetreten haben. 107 Antwortende konnten in die Auswertung eingeschlossen werden, das entspricht einer Rücksendequote von 14 %. Die Antwortenden verteilten sich regional gleichmäßig über die Fläche von NRW, was für eine gute Repräsentativität und Aussagekraft der Ergebnisse spricht. 

 

Motivationen bei einer Firmenübernahme (Grafik: FOM/Bürgschaftsbank NRW)
Motivationen bei einer Firmenübernahme (Grafik: FOM/Bürgschaftsbank NRW)

Übernahmemotivation und Übergabereife 

 

Was motiviert potenzielle Nachfolgende, ein bestehendes Unternehmen zu übernehmen? In unserer Pilotstudie haben wir den Nachfolgenden eine Auswahl an Motiven gegeben, die sie nach Wichtigkeit einschätzen sollten (Abb. 1). 

 

Abbildung 1 zeigt, dass Selbstständigkeit (1,6) und Existenzsicherung (2,0) die beiden wichtigsten Übernahmegründe waren. Dies überrascht insofern, da es sich auf den ersten Blick um scheinbar widersprüchliche Gründe handelt: Selbstständigkeit steht typischerweise für das bewusste Eingehen eines auch existenziellen Risikos, wogegen Existenzsicherung ein Sicherheitsbedürfnis der Übernehmenden und die Vermeidung von Risiko widerspiegelt. Eine mögliche Erklärung wäre, dass in Zeiten zunehmender beruflicher Unsicherheiten, Flexibilitätsanforderungen und unklarer äußerer Rahmenbedingungen die Entscheidung für eine selbstständige Tätigkeit nicht nur den „Traum vom eigenen Unternehmen“ abbildet, sondern durchaus auch das Empfinden persönlicher Kontrollierbarkeit und Passung zu eigenen Lebensentwürfen stärken kann. Auch der Umstand, dass die Übernahme bereits existierender erfolgreicher Betriebe subjektiv risikoärmer erscheint als die Neugründung, mag hier relevant sein. 

 

Die Verbundenheit mit dem Unternehmen wurde mit durchschnittlich 2,2 ebenfalls als eher wichtig eingeschätzt. Offensichtlich wählte das Gros der Befragten Organisationen aus, mit denen sie sich auch emotional verbunden fühlen, was als wichtige Grundlage für Engagement und Verantwortungsübernahme angesehen werden kann. 

 

Erstaunlich ist dagegen, dass monetäre Aspekte im Vergleich zu den anderen Gründen eine eher untergeordnete Rolle spielen. Aus der Kurzfristigkeit eines „guten Deals“ entsteht für Übernehmende dann kaum eine Übernahmemotivation, vielmehr deuten die Angaben auf eher längerfristige finanzielle Überlegungen. Die Sicherung der Position im Unternehmen (3,4) und familiäre Erwartungen (3,7) spielten bei der Unternehmensübernahme eine eher untergeordnete Rolle.

 

Übernahmeherausforderungen und Übernahmekompetenz des Übernehmenden 

 

Eine wichtige Fragestellung bei einer Übernahme besteht darin, ob Übernahmeherausforderungen im zu übernehmenden Unternehmen und Übernahmekompetenzen der Übernehmenden in Einklang stehen.

 

Herausforderungen bei der Übernahme eines Unternehmens (Grafik: FOM/Bürgschaftsbank NRW)
Herausforderungen bei der Übernahme eines Unternehmens (Grafik: FOM/Bürgschaftsbank NRW)

Hinsichtlich der Herausforderungen bei der Übernahme bewerten annähernd 57% der Übernehmenden die organisatorischen Prozesse im Betrieb und ca. 52% der Übernehmenden Verträge oder Genehmigungen (Rechtliches) als sehr oder eher herausfordernd. Kaufmännische Belange und Personalthemen werden von knapp der Hälfte als herausfordernd angesehen. Dagegen werden technische Aspekte oder Produktionsthemen als am wenigsten kritisch eingeschätzt und nur von ca. 33% der Befragten als sehr große oder große Herausforderung bewertet. 

 

 

Damit die Herausforderungen im Unternehmen auch von den Übernehmenden gestemmt werden können, benötigen diese die dazu passenden Kompetenzen. In der Befragung wurde erhoben, als wie wichtig verschiedene Kompetenzen von den Übernehmenden eingeschätzt werden. Abbildung 3 zeigt, dass Selbstkompetenzen für eine selbstständige und ergebnisorientierte Arbeitsweise von den Übernehmenden mit einem Mittelwert von 1,6 als die wichtigste Kompetenz angesehen werden. Fachkompetenzen und kaufmännische Kenntnisse wurden von den Befragten mit 1,7 ebenfalls als relevant angegeben. Auch Personalführungserfahrungen und Sozialkompetenzen mit einer zugewandten und professionellen Kommunikationsweise lagen mit einem Mittelwert von jeweils 1,8 in einem hohen Anforderungsbereich – ein Umstand, der bei der Übernahme ausdrücklich nicht zu unterschätzen ist. 

 

Bedeutung von Kompetenzen bei der Übernahme von Unternehmen (Grafik: FOM/Bürgschaftsbank NRW)
Bedeutung von Kompetenzen bei der Übernahme von Unternehmen (Grafik: FOM/Bürgschaftsbank NRW)

 

IT-Kenntnisse und Erfahrungen mit Behörden wurden von den Befragten insgesamt mit jeweils 2,3 auf die zweite Stufe gestellt, juristische Kenntnisse wurden mit 2,5 als teilweise wichtig angesehen.

 

 

 

Es zeigt sich also, dass neben den klassischen „Unternehmerkompetenzen“ auch die sog. „Soft Skills“ in den Blick genommen werden sollten und einen mindestens ebenso relevanten Aspekt für eine erfolgreiche Übernahme darstellen.

 

FAZIT:

 

Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus der Pilotstudie zur Firmenübernahme
Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus der Pilotstudie zur Firmenübernahme
Logos der Partner FOM und Bürgschaftsbank

 

Autorenschaft: 

 

Carsten Kruppe (FOM)

Nadine Pratt (FOM)

Christian Härtwig (FOM)

Lina Uebbing (Bürgschaftsbank NRW)

Simone Chlosta (FOM)

 

 

 

 

 

 

Literatur & Links:

 

Literaturliste zum Artikel über Erfolgsfaktoren der Nachfolge