Wie Männer glücklicher werden
und dabei die Evolution der Arbeitswelt mitgestalten
23.01.2025 // hb
Jacomo Fritzsche und Daniel Pauw
New Work Men
Wie Männer glücklicher werden
und dabei die Evolution der Arbeitswelt mitgestalten
Über das Arbeitsleben und die damit verbundenen Rollen von Frauen und Männern diskutieren wir schon lange. Nun erscheint ein Buch, das sich speziell mit der Rolle des Mannes in der Arbeitswelt befasst. Das ruft sofort mein Interesse hervor. Ich bin ein Mann und möchte nur zu gerne die mir zugehörige oder schon bestehende Rolle in der Arbeitswelt kennen lernen.
Das Buch redet über Work, New Work und Männlichkeit. Vielleicht ist anfangs ein Versuch angezeigt, diese Begriffe zu definieren.
Männlichkeit
– das ist die Summe aller Eigenschaften, die den Mann beschreiben. Ob wir über Ego, Statussymbole oder auch Führung reden, Männer haben in diesen Bereichen für sich Erfolge erzielt, sich mit ihren Merkmalen an die Spitze manövriert. Seitdem beruht die Arbeitswelt quasi auf ihren Prinzipien: Weiter kommt, wer Risiken eingeht, Ego zeigt, und in Hierarchien denkt und lebt.
In vielen Bereichen, nicht nur in der Arbeitswelt, ticken Frauen ganz anders. Ihre Interessen gehen in eine andere Richtung, ihre Betrachtungen der „Sache“ bringen häufig völlig andere Ergebnisse. Im Privatleben suchen sie für den Beruf-Familie-Konflikt häufig andere Lösungen als Männer.
Was ist der Hintergrund? Tatsächlich wurden in aller Regel Frauen ganz anders erzogen als Männer. Traditionell sollen in der Gesellschaft Männer und Frauen ganz
konkrete Rollen übernehmen. Das orientiert(e) sich auch an der Biologie, die nun einmal nicht zu ändern ist, die aber nicht zwangsläufig feste Rollenverteilungen mit sich bringen
muss.
Work,
zu deutsch Arbeit, ist eine Tätigkeit, die eine Person ausübt, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen und Zukunftswünsche zu erfüllen. Das kann eine bestimmte Aufgabe, Pflicht, Funktion oder Zuweisung innerhalb eines Unternehmens sein. Es kann eine zielgerichtete, soziale, planmäßige und bewusste, körperliche und geistige Tätigkeit sein.
Häufig beruht eine solche Arbeit auf einer Ausbildung oder auf speziellen Kenntnissen, Fertigkeiten oder Erfahrungen. Sie bewirkt zuweilen oder im Idealfall eine sinnerfüllte innere Bindung einer Person an ein Unternehmen oder an zusammengehörige Tätigkeiten in der arbeitsteilig strukturierten Wirtschaft und kann auf Dauer angelegt sein.
New Work, also „neue Arbeit“, bedeutet ein verändertes Verständnis von „Arbeit“ in der heutigen Zeit. Wir reden über Arten von Jobs und die Auswirkungen von Arbeit auf de Menschen. Wir kennen die Floskel „Leben, um zu arbeiten oder arbeiten, um zu leben“ und diskutieren darüber, welche der Varianten zu bevorzugen ist bzw. eigentlich die „richtige“ Wahl ist. Dabei werden unter „Arbeit“ nach wie vor konkret zugeteilte Aufgaben verstanden – zumeist ohne Flexibilität oder Individualität. Was wäre da New Work?
New Work
steht heute im gleichen Bedeutungsfeld mit Arbeit der Zukunft, Next Work und Arbeit 4.0. Unter dem Begriff New Work werden alle Entwicklungen zusammengefasst, die für eine moderne mitarbeiterorientierte Arbeitswelt im 21. Jahrhundert Bedeutung haben.
Laut Gabler Wirtschaftslexikon ist New Work ein Ansatz von Frithjof Bergmann, nach dem zwei Drittel der klassischen Erwerbstätigkeit ersetzt werden sollen, mit einem Drittel, das aus Arbeit besteht, nach der man wirklich strebt, und einem weiteren, das eine Kombination aus intelligentem Verbrauch und technisch hochstehender Selbstversorgung ist. Der Philosoph hatte eine Analyse des Kapitalismus vorgenommen, Skepsis gegenüber dem Kommunismus gezeigt und eine umfassende Idee von Freiheit entwickelt, Entscheidungs- und Handlungsfreiheit beinhaltend.
Eine Antwort auf Digitalisierung und Automatisierung könnte auch eine Reduktion der Arbeitszeit sein. Die Probleme des geringeren Einkommens und der gefährdeten Rente – heutzutage Hauptkritikpunkte – müssten gelöst werden. Der Rest des Tages wird als Freizeit genutzt oder beispielsweise mit Freiwilligenarbeit gefüllt. Eine Verbindung mit dem Ansatz von New Work sowie mit dem des bedingungslosen Grundeinkommens ist verschiedentlich möglich.
New Work ist ein Ansatz, der scheinbar nicht im Sinne der Wirtschaft ist. Deren Vertreter könnten sich daran stören, dass die Arbeitskraft nicht ständig zur
Verfügung steht. Sie könnten aber ebenso erkennen, dass klassische Erwerbstätigkeit nur eine Form von Arbeit darstellt und ein ausgefüllter, vielseitig interessierter Mitarbeiter womöglich
bessere Arbeitsergebnisse erzielt.
Arbeiten, um zu leben
Und in der Praxis? Könnte es sein, dass ein Unternehmen eine Person einstellt und sie auffordert, sich im Unternehmen umzusehen und dann die Tätigkeit aufzunehmen, die sie als notwendig, interessant und den eigenen Kompetenzen entsprechend erachtet? Dies impliziert, dass diese Person in der Zukunft (je nach Jobempfinden oder Lebensphase) das eine oder andere Mal zu neuen Erkenntnissen kommt.
New Work möchte (und muss) das Verhältnis von Job und Privatleben neu regeln. Das Verständnis von New Work befindet sich im Wandel: Die klassische Karriere hat ausgedient, die Sinnfrage rückt in den Vordergrund, der Mensch rückt in den Mittelpunkt, die Grenzen zwischen Leben und Arbeiten verschwimmen.
Wenn sich New Work so gestaltet, hätte das mit Mann und Frau beziehungsweise deren Verhältnis zueinander nur marginal zu tun. Denn die Erziehung von Jungen und Mädchen ändert sich auch, so dass beide mit entsprechenden Vorstellungen aufwachsen und auf „Modern Work“ eingestellt sind.
Gesucht: Die moderne Männlichkeit
Das hier zu besprechende Buch beschäftigt sich in erster Linie mit Männlichkeit und versetzt (nur) diese in die sich ändernde Arbeitswelt. Dazu gehört auch, sich mit den „männlichen“ Gewohnheiten, ihren lebensbeeinflussenden Verhaltensweisen und ihrer Erziehung auseinanderzusetzen.
Dieses Thema zu bewegen ist mehr als aktuell, es ist akut. Männer müssen doch die Fragen bewegen, warum sie im Mittel fünf Jahre weniger leben als Frauen, warum sie als die schlechteren Führungskräfte gelten und ob ihr Gesundheitsverhalten und ihre Kooperationsfähigkeit vielleicht verbessert werden kann. Könnte sein, dass es Mut braucht, eine neue, „moderne“ Männlichkeit zu entwickeln.
Woher kommt die Suche nach einer neuen Männlichkeit? Ist es die veränderte Weiblichkeit der letzten Jahre? Oder ist es die insgesamt in Bewegung geratene Gesellschaftsordnung (die Welt dreht sich …)? Vielleicht ist auch die Frage zu diskutieren, ob ein Mann ein Mann sein muss, ebenso wie die Frage, ob eine Frau eine Frau sein muss.
Wertewandel in der Gesellschaft
Wir alle kennen die aktuellen Diskussionen um Gleichberechtigung, Gendern, Identitäten und die damit verbundenen gesellschaftlichen Entwicklungen. In der Gesellschaft gibt es einen Wertewandel, auch bewirkt durch Digitalisierung, KI und Nachhaltigkeit. Im Arbeitsleben sind es nicht nur die Generationen Y und Z, die deutlich die Sinnfrage und die Frage nach der eigenen Entwicklung stellen. Nicht nur deshalb wird in der Unternehmenswelt mehr und mehr über neue Organisationsformen und eine (neue?) Unternehmenskultur diskutiert.
Und wenn wir schon in der Arbeitswelt unterwegs sind: Hier ändert sich gerade Vieles. Nicht nur wegen der sich durchsetzenden Gleichberechtigung, der Genderfrage oder vermeintlichen schwierigen Wirtschaftslage. Das „höher-schneller-weiter“ hat ausgedient, auch wenn einige Unternehmen dies noch nicht erkannt haben oder wahr haben wollen. Orientierung an Bedürfnissen, differenziertes (!) Wachstum, neue Organisationsformen und eine auf den Menschen ausgerichtete Unternehmenskultur sind die Maximen des zukünftigen Unternehmertums. Apropos: Auf Unternehmertum müssen wir uns neu besinnen – derzeit findet man es fast nur noch bei den Startups. Dies alles hat Auswirkung auf die Arbeitswelt (Führung, Rollenverteilung, Kommunikation, Flexibilität im Job, Lernen, etc.) und auf das Privatleben (Lebensgestaltung, Rollenverteilung, Freizeit- und Familienleben, etc.).
Das Buch stellt 11 Dimensionen dar, die als Identitätssystem von Männlichkeit verstanden werden können. Das Buch sucht aber auch seinen Weg, traditionelle Männlichkeit zu beschreiben. Dabei entstehen die „4+1 Prinzipien“ der Männlichkeit:
1. Keine Gefühle zeigen
2. Kein Versagen zulassen
3. Keine weiblichen Attribute verkörpern
4. Keine Hilfe benötigen
+1 Männlichkeit immer aufs Neue beweisen
Leitfaden für die Praxis
Und jetzt ist New Work in den Unternehmens- und Berufsalltag eingekehrt. Was nun? Das Buch tritt an, Lösungen zu suchen. Im Buch werden zukunftsweisende Schritte aufgezeigt: Männer sollten
Zugang zu ihren Emotionen finden
Über ihre Sorgen und Ängste reden können
Nicht das Ego pflegen, sondern für die Welt da sein
Wir alle sollten
Geschlechterrollen ablegen und das menschliche Potenzial in den Mittelpunkt rücken
Das Buch will quasi schonungslos die Männlichkeit hinterfragen, aber den Männern auch Mut machen und Perspektiven aufzeigen. Das Buch traut den Männern dabei durchaus zu, neu und fortschrittlich zu denken und eine neue Männlichkeit zu entwickeln, die von Achtsamkeit und emotionaler Intelligenz geprägt ist. Und genau hier ist das Buch ein wirklich praxistauglicher Leitfaden bei der Suche nach einer neuen Identität – allumfänglich, rücksichtsvoll und lebensnah.
Dieses Buch ist ebenso verständlich wie locker geschrieben, weist keine langatmigen Theorien auf – und erweist sich für New Work Men als motivierender Ratgeber und Leitfaden für die Praxis. Sehr gut zu lesen und lesenswert!
Jacomo Fritzsche und Daniel Pauw
New Work Men
Wie Männer glücklicher werden und dabei die Evolution der Arbeitswelt mitgestalten
Verlag Vahlen
ISBN 978-3-800671-71-7
Taschenbuch, 189 Seiten, 14,1 x 22,3 cm
1. Auflage November 2024, 24,90 EUR